Von Generation zu Generation: Kuratoriumsarbeit gestern und heute
Karl Josef Schmidt war Geschäftsführer des St. Josefs- Hospitals in Wiesbaden, Arne Evers ist dort heute Pflegedirektor. Karl Josef Schmidt war bis 2012 zehn Jahre als Kurator der Stiftung tätig, Arne Evers wurde 2024 zum Kurator ernannt. Wir haben beide anlässlich der Kuratoriumssitzung in Wiesbaden getroffen und sie zu ihrer Arbeit im Kuratorium und zur Rolle von Stiftungen in der Gesellschaft befragt.
Es ist eine Weile her, Herr Schmidt. Wie kamen Sie zu dem Ehrenamt als Kurator der B. Braun-Stiftung?
Karl-Josef Schmidt: Ich erinnere mich jedoch noch gut daran, dass Dr. Joachim Schnell persönlich in mein Büro gekommen ist, um mich kennenzulernen und mit mir über die Arbeit im Kuratorium zu sprechen. Ich habe diese Zeit in sehr positiver Erinnerung. Sie war geprägt von einer hohen Wertschätzung der Unternehmerfamilie gegenüber dem Kuratorium sowie von einer intensiven wechselseitigen Wertschätzung innerhalb des Gremiums. Während meiner Amtszeit rückten neben den traditionellen Schwerpunkten in der Pflege und Medizin zunehmend auch medizin-ökonomische Themen in den Vordergrund.
Arne, wie fühlt sich das an in die Fußstapfen von Herrn Schmidt zu treten und was hat Sie dazu bewegt?
Arne Evers: Es gehört zur Wahrheit, dass mir die Tätigkeit von Herrn Schmidt im Kuratorium der B. Braun-Stiftung gar nicht bekannt war, darauf hat mich unser jetziger Geschäftsführer Martin Bosch aufmerksam gemacht. Insofern kann ich nicht von einem absichtlichen Schritt sprechen. Es ist dennoch ein besonders gutes Gefühl, gerade aufgrund dieses Zufalls, dass uns dieses Engagement verbindet. Dazu bewegt hat mich generell das Stiftungsprogramm beziehungsweise die Fördermöglichkeiten der Stiftung auch in Sachen Pflege.
Was sind heutzutage Ihre Aufgaben im Kuratorium?
Arne Evers: Neben einer generellen beratenden Tätigkeit bringe ich mich insbesondere in die Gestaltung der „Fortbildung für Pflegende“ der Stiftung ein: Als Ideengeber, Brückenbauer und auch gerne als Referent.
Was ist für Sie das Besondere am Kuratorium?
Arne Evers: Mein Wirken ist ja noch recht kurz aber das, was ich zwischen den einzelnen Kuratoriumsmitgliedern, ehemaligen Mitgliedern des Kuratoriums sowie den hauptamtlichen Stiftungsmitarbeiter*innen erlebt habe, ist geprägt von höchster gegenseitiger Wertschätzung, Exzellenz im jeweiligen Fachgebiet und dem gemeinsamen Wirken, die Stiftung und seine Angebote zu fördern und weiterzuentwickeln. Das ist dann natürlich auch die Besonderheit: Daran teilzunehmen, sich einzubringen und auch seinen Beitrag zu leisten, empfinde ich bis heute als ehrenvoll und nicht selbstverständlich.
Herr Schmidt, welche Projekte, Initiativen oder auch Herausforderungen im Kuratorium sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Besonders in Erinnerung geblieben ist mir die Anregung von der damaligen Geschäftsführerin Uta Meurer, nach Ideen Ausschau zu halten, wie die Stiftung den kaufmännischen Bereich des Krankenhauses fördern könnte. Daraufhin habe ich dem Kuratorium den Vorschlag unterbreitet, jungen Nachwuchskräften die Möglichkeit zu geben, Krankenhaus-Geschäftsführern über die Schulter zu schauen. Dieser Vorschlag fand im Kuratorium große Zustimmung. Ich konnte damals nicht ahnen, wie professionell die Geschäftsführung diese Idee aufgriff und ein Mentoringprogramm entwickelte, das bis heute sehr erfolgreich fortgeführt wird.
Was ist das für ein Gefühl, dass nun mit Arne Evers wieder jemand aus dem St. Josefs-Hospital Wiesbaden im Kuratorium aktiv ist?
Karl-Josef Schmidt: Es freut mich sehr, dass Arne Evers im Kuratorium mitwirken darf. Wir sind im St. Josefs-Hospital stolz darauf, dass jemand von der Ausbildung als Krankenpfleger bis hin zum Mitglied der erweiterten Geschäftsführung eine solch beeindruckende Karriere machen konnte.
Wie sehen Sie, Arne, Ihre Rolle im Kuratorium hinsichtlich der Förderung von Innovationen in der Pflegewissenschaft?
Dadurch, dass es wenig Möglichkeit zur Förderung pflegerischer Innovationen gibt, könnte das ein Stückweit ein Themenfeld sein, in dem sich die Stiftung noch stärker engagieren kann. Da die Pflegeforschung in Deutschland aber nicht besonders ausgeprägt ist, stellt sich hier z.B. die Frage nach dem „Marktzugang“, sprich: Wie kriegen wir die Stiftung und deren Möglichkeiten, denn überhaupt in diesen Kreisen verbreitet und sind die Möglichkeiten der Förderung so, dass sie überhaupt von der Pflegewissenschaft in Anspruch genommen werden können. Das geht auch nicht von heute auf Morgen, ist aber sicherlich eine Aufgabe dem sich das Kuratorium noch verstärkt widmen kann.
Welche Bedeutung hat die interprofessionelle Zusammenarbeit für die zukünftige Entwicklung der Pflege?
Arne Evers: Darüber könnte ich sicherlich ein Buch schreiben. Es ist ein bisschen zweischneidig: Gesundheitswesen ist Teamarbeit, sehr gut funktionierende interprofessionell zusammenarbeitende Teams erbringen jeden Tag Versorgung auf höchstem Niveau. Auf der anderen Seite würde es den Pflegefachpersonen mehr als guttun, ihre Pflegekompetenz viel stärker in die Interprofessionalität einzubringen und das geht zunächst mit der Beschäftigung des eigenen Berufsbilds einher. Zur Wahrheit gehört auch, dass es hierzu politische Hilfe braucht und dann eine daraus folgende Sozialisation. So könnten wir Interprofessionalität auch in Deutschland stärken, in dem der Pflegeberuf auf Augenhöhe agiert und dies auch einfordert.
Sie wünschen sich mutige und wegweisende politische Entscheidungen für den Pflegeberuf. Was sind Ihre Hoffnungen und Wünsche für die Zukunft der Pflege und was müsste aus Ihrer Sicht politisch dringend angegangen werden?
Arne Evers: Der Gesetzgeber hat drei Gesetze angekündigt, die viel Hoffnung machen, dass da eine durchlässige Bildungsstruktur: Von der Pflegeassistenz, zur dreijährigen Ausbildung, Bachelor- und Masterabschlüssen bis zur Promotion. Daraus ergibt sich eine Aufwertung des Pflegeberufs durch die Übertragung von Kompetenzen und daraus folgend auch Tätigkeiten. Insofern ist der dringlichste Wunsch diese drei Gesetze schnellstmöglich auf den Weg zu bringen. Danach ist aber nicht alles geheilt, dafür braucht es noch viel mehr. Es gibt aber dadurch die Möglichkeit den Pflegeberuf auch in der Gesundheitsversorgung viel zentraler zu positionieren. Das wird also auch weiterhin eine Aufgabe in der Zukunft sein, hier kluge Entscheidungen für die Patientenversorgung zu treffen und diese Entscheidungsprozesse zu begleiten.
Karl-Josef Schmidt, inwiefern hat die B. Braun-Stiftung Ihre persönliche Sicht auf das Gesundheitswesen beeinflusst?
Gerade Stiftungen, die unabhängig und ideologisch neutral sind, können einen entscheidenden Beitrag zum Gemeinwohl leisten. Für mich persönlich hat die Mitgliedschaft im Kuratorium meinen Blick auf andere Berufsgruppen erweitert und zu einem besseren Verständnis für berufspolitische Belange geführt. Ich wünsche Herrn Evers in seiner Kuratoriumstätigkeit und dem ganzen Team der B. Braun Stiftung weiterhin viel Erfolg in ihren Bemühungen um eine ständige Verbesserung der Gesundheitsversorgung.
Welche Trends oder Entwicklungen im Gesundheitswesen sollten Stiftungen in Zukunft besonders im Blick haben?
Arne Evers: Die Krankenhausstrukturreform und der demographische Wandel in Gänze zeigen, dass es eine Antwort auf Versorgungsfragen der Bevölkerung benötigt: Wie gestalten wir Versorgung, wo es kein Krankenhaus und keinen Arzt mehr gibt? Dieser Mangel im ländlichen Raum ist meiner Auffassung nach ein Katalysator für die Aufwertung des Pflegeberufs und weiterer Berufe, welche diese Lücken schließen können - wenn man sie lässt. Auch werden wir vermutlich eine Tendenz zu stärker pflegegeleiteten Einheiten erleben, durchaus auch im Krankenhaus. Weiterhin ist ein Trend die Versorgung von Menschen in Gemeinden und Kommunen sowie generell die Prävention: Bei weniger Versorgungsmöglichkeit liegt der Verdacht nahe, diese erst gar nicht entstehen zu lassen oder deren Behandlungsbedarfe passgenau zu steuern. Hier können pflegerische Versorgungs- und Steuerungsangebote wie Community Health Nurses oder School Nurses besonders gut wirken. Dabei spielen auch wieder die Krankenhäuser eine Rolle, insbesondere Vernetzung und Überleitung. Also man merkt: Viele Trends, es gibt viel zu tun, packen wir es an!