41. Fortbildung für Pflegende: Stark machen für eine starke Pflege

41. Fortbildung für Pflegende: Stark machen für eine starke Pflege

Die Fortbildung für Pflegende kann zu Tränen rühren. Wie in diesem Jahr, als die 700 Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Saal aufstanden und ihre Arbeit würdigten. Mit 60 Sekunden Applaus machten die Teilnehmer auf den Pflegeberuf aufmerksam - auf 24 Stunden Einsatz für kranke Menschen an 365 Tagen im Jahr.

700 Pflegende haben am 25. Oktober die jährlich stattfindende Fortbildung für Pflegende in Kassel besucht. Die Vorträge zu Personaleinsatz und –kosten, Interprofessionalität, Fast Track, Ernährungsmanagement, Pneumonieprophylaxe und Kommunikation zeigten vielfältige Facetten  des Pflegeberufes. Doch auch wenn der Arbeitsmarkt für Pflegende noch nie so gut war wie heute, fehlt es immer noch an der politischen Kraft. „Sie müssen verstehen, was in der Politik passiert.“, sagte Joachim Prölß, Mitglied des Vorstands der B. Braun-Stiftung und Vorstandsmitglied für Patienten- und Pflegemanagement am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Prölß forderte die Pflegenden auf, ihre Chance zu nutzen und ihren Beruf auf politischer Ebene stärker zu repräsentieren. 

Joachim Prölß: "Politik hat die Probleme der Pflege endlich verstanden."  - Copyright U. Schaumlöffel

Arne Evers, Pflegedirektor des St. Josefs-Hospitals in Wiesbaden und Claudia Nehrig, kaufmännische Direktorin und Pflegedirektorin der DRK-Kliniken Nordhessen, appellierten ebenfalls an die Pflegenden, sich stärker für Ihre Interessen einzusetzen. Die Pflegedirektoren gaben den Teilnehmern einen Einblick in ihre Arbeit im Krankenhausmanagement. Sie stellten die Maßnahmen der Bundesregierung zur Personalaufstockung und den Pflexit vor, wie die Ausgliederung der Pflegepersonalkosten aus den DRGs bezeichnet wird. Beide - Evers und Nehrig  - äußerten sich kritisch nicht nur gegenüber den Pflegepersonaluntergrenzen, die nur Durchschnittswerte ermittelten und zu einem hohen Bürokratieaufwand führten. 

Nehrig forderte auch zur gemeinsamen Arbeit an Qualitätsindikatoren in der Pflege auf, um Pflegequalität messbar zu machen. „Wir haben mehr als nur den Dekubitus“, sagte die Leiterin der DRK-Schwesternschaft aus Kassel.  

„Darf ein Gesundheitssystem auf Gewinn ausgerichtet sein?“ fragte Claudia Nehrig die Teilnehmer. Copyright U. Schaumlöffel

Pflegeforschung ist ein wichtiges Instrument für Pflegequalität. Das zeigte Pflegedirektorin Dr. Johanna Feuchtinger vom Universitätsklinikum in Freiburg anhand von Beispielen, wie Pflegeforschung die Qualität der Versorgung auf der Station erhöht und Versorgungsforschung sich lohnt. Forschung sei das geeignete Mittel, um Pflegende mit den anderen forschenden Berufsgruppen im Krankenhaus  gleich zu stellen.

Interprofessionelles Arbeiten wird im Hinblick auf die komplexeren Prozesse in Krankenhäusern zwar inzwischen gefordert, ist jedoch im Pflegealltag immer noch eine Seltenheit. So seien interprofessionelle Stationen immer noch eine Seltenheit, meinten Prof. Dr. Martin Fischer und Birgit Wershofen vom Institut für Didaktik und Ausbildungsforschung. Im Klinikum der Universität München lernen Ärzte und Pflegende in einer interprofessionellen Ausbildungsstation (IPSTA) gemeinsam und erarbeiten Lösungen. 

Wenn Pflegende sich in interprofessionellen Teams engagieren, kommt ihnen eine neue Rolle als „Prozessmanager“ zu. Die gemeinsame Arbeit steigert nicht nur die Versorgungsqualität, sondern  stellt eine berufliche Chance für Pflegende dar, sich weiterzuentwickeln. Das zeigten Daniela Schweikert, die die Aufgaben der Pflege im Ernährungsmanagement in Tübingen vorstellte, und Ina Lang, die als Fast-Track-Assistentin in der Chirurgie im Klinikum Solingen arbeitet. Schweikert ist leitende Diätassistentin des Ernährungsteams am Universitätsklinikum Tübingen und setzt auf Pflegende im Ernährungsmanagement-Prozesspfad. Das Ernährungsteam in Tübingen betreut Risikopatienten klinikübergreifend von der prästationären Phase, z. B. Screening sowie Einleitung der Ernährungstherapie über den Krankenhausaufenthalt  (Therapieempfehlungen) bis zur Anschlussversorgung zu Hause. Auch Fast-Track ist ein chirurgisches Behandlungskonzept, dass den Patienten schon vor, während und nach der Operation betreut mit dem Ziel, postoperative Komplikationen zu vermeiden und die Heilung zu beschleunigen. Besonders wichtig ist die Schulung und Aufklärung der Patienten vor und die schnelle Mobilisation nach der Operation. Der Fast-Track-Assistent hat dabei die Aufgabe, die Patienten intensiv zu betreuen und den „Track“ sehr selbständig und eigenverantwortlich mit den anderen Berufsgruppen wie der Physiotherapie zu koordinieren.

Dennis Werner: "Die Zahl der Verkehrstoten ist geringer als die Zahl der Menschen, die an Pneumonien sterben." - Copyright U. Schaumlöffel

„4.300 Menschen sterben pro Jahr in Deutschland an Pneumonien, die durch nosokomiale Infektionen ausgelöst werden“, sagte Dennis Müller, Fachgesundheits- und Krankenpfleger für Intensivpflege und Anästhesie am Universitätsklinikum Münster. Dabei könne Pneumonieprophylaxe  viele Menschenleben retten. Insbesondere die Fähigkeit, den Schluckakt durchzuführen, nimmt eine Schlüsselposition ein. Müller stellte vor, wie Schluckscreening, medizinische Hilfsmittel, z. B. oszillierende PEP-Trainer, und Pflegemaßnahmen wie Mundprophylaxe, Absaugen, Mobilisation, Hochlagerung zur Pneumonieprophylaxe beitragen. Der Krankenpfleger appellierte an die Teilnehmer, Maßnahmen – auch zugunsten anderer Pflegetätigkeiten – durchzuführen. 

Eine Minute Applaus für die Pflege - Copyright U. Schaumlöffel

In der 41. Fortbildung der Pflegende ging es aber nicht nur um Fakten und Wissenschaft, sondern auch um Magie: „Echte Sprache ist Magie. Sie zeigt Kompetenz, ist menschlich, authentisch und voller Emotionen", beschrieb die Gesprächstherapeutin Sandra Mantz ihren Ansatz. „Ersetzen Sie es durch "können", "dürfen" oder "möchten"- das ist Magie.“ Sie empfahl mehr Sprachsensibilität zu entwickeln und in positiven Bildern zu sprechen. Mantz ist außerdem Repräsentantin für die Aktion Die  "1min.care – Applaus für die Pflege". Sie möchte die Aufmerksamkeit der Politik damit auf die Bedeutung des Pflegeberufs lenken. So hatte Mancher Tränen in den Augen, als die 800 Teilnehmer aufstanden und sich und ihre Kollegen mit einem Applaus huldigten. Für 24-stündigen Einsatz für kranke Menschen – an 365 Tagen im Jahr. 

Die Fortbildung für Pflegende findet seit 41. Jahren jährlich in Kassel statt. Die Veranstaltung ist kostenlos. Veranstaltet wird sie von der B. Braun-Stiftung in Kooperation mit dem Bibliomed Verlag. 

Die Organisatoren und Referenten v. l. n r.: Nicole Jacob (B. Braun-Stiftung), Joachim Prölß (B. Braun-Stiftung), Dennis Müller (Münster), Ina Lang (Solingen), Daniela Schweikert (Tübingen),  Birgit Wershofen (München), Arne Evers (Wiesbaden), Claudia Nehrig (Kassel), Martin Fischer (München), Alexander Schachtrupp (B. Braun-Stiftung), Christina Lauer (Bibliomed), Johanna Feuchtinger (Freiburg),  Sandra Mantz fehlt
Copyright U. Schaumlöffel